Villinger und Schwenninger Schicksale
Viele der bisher in den Mahnwachen verlesenen Schicksale von Opfern des Nationalsozialismus in Villingen und Schwenningen sind hier, oder über die linke Seitenleiste auswählbar.
Alphabetisch geordnet
Nachnamen mit 'A':
Vornamen mit 'A':
Alice Schwarzländer, geb. Katz; Anna Maria Schlenker;
Nachnamen mit 'B':
Bär geb.Bloch,Jenny; Bikart,Max; Bikart,Johanna; Bikart,Margot; Bikart (Familie),Louis; Bikart, geb. Bloch,Martha; Bloch,Salomon; Boss,Edith; Boss (Familie),Josef;
Vornamen mit 'B':
Bertha Schwarz; Berthold u. Georgine Haberer;
Nachnamen mit 'C':
Vornamen mit 'C':
Nachnamen mit 'D':
Vornamen mit 'D':
Nachnamen mit 'E':
Vornamen mit 'E':
Edith Boss; Elsa und Emma Zaitschek; Erich Honer; Erich Garber; Erna Haber; Ernst Schlageter; Ewald Huth;
Nachnamen mit 'F':
Vornamen mit 'F':
Felix Zaitschek; Fritz und Maria Restle;
Nachnamen mit 'G':
Garber,Erich;
Vornamen mit 'G':
Gotthilf Weber;
Nachnamen mit 'H':
Haber,Erna; Haberer,Berthold u. Georgine; Haberer,Josef; Heid,Josef; Heizmann,Johann; Hoffer,Margarete; Honer,Erich; Huth,Ewald;
Vornamen mit 'H':
Hugo Schwarz;
Nachnamen mit 'I':
Vornamen mit 'I':
Irma Schwarz;
Nachnamen mit 'J':
Vornamen mit 'J':
Jakob Katz; Jenny Bär geb.Bloch; Johann Heizmann; Johanna Bikart; Johanna Katz, geb. Dahlberg; John (Familie) Reinhardt; Josef Haberer; Josef Heid; Josef Boss (Familie); Joseph Münzer; Julie Schwarz;
Nachnamen mit 'K':
Katz,Jakob; Katz,Willy; Katz, geb. Dahlberg,Johanna;
Vornamen mit 'K':
Karl Schäfer; Karl Ruggaber;
Nachnamen mit 'L':
Lewicki,Marian;
Vornamen mit 'L':
Lina Zaitschek; Lina Springmann, verh. Fries und verh. Reinhardt; Louis Bikart (Familie);
Nachnamen mit 'M':
Münzer,Joseph;
Vornamen mit 'M':
Margarete Hoffer; Margarethe Cäcilia Sterneck; Margot Bikart; Marian Lewicki; Martha Bikart, geb. Bloch; Max Bikart; Mina und Heinrich Stiefel;
Nachnamen mit 'N':
Vornamen mit 'N':
Nachnamen mit 'O':
Vornamen mit 'O':
Nachnamen mit 'P':
Vornamen mit 'P':
Nachnamen mit 'Q':
Vornamen mit 'Q':
Nachnamen mit 'R':
Reinhardt,John (Familie); Restle,Fritz und Maria; Ruggaber,Karl;
Vornamen mit 'R':
Nachnamen mit 'S':
Schäfer,Karl; Schifferdecker,Wilhelm; Schlageter,Ernst; Schlenker,Anna Maria; Schwarz,Bertha; Schwarz,Julie; Schwarz,Irma; Schwarz,Hugo ; Schwarzländer, geb. Katz,Alice; Springmann, verh. Fries und verh. Reinhardt,Lina; Sterneck,Margarethe Cäcilia; Stiefel,Mina und Heinrich;
Vornamen mit 'S':
Salomon Bloch;
Nachnamen mit 'T':
Vornamen mit 'T':
Nachnamen mit 'U':
Vornamen mit 'U':
Nachnamen mit 'V':
Vornamen mit 'V':
Nachnamen mit 'W':
Weber,Gotthilf;
Vornamen mit 'W':
Wilhelm Schifferdecker; Willy Katz;
Nachnamen mit 'X':
Vornamen mit 'X':
Nachnamen mit 'Y':
Vornamen mit 'Y':
Nachnamen mit 'Z':
Zaitschek,Felix; Zaitschek,Lina; Zaitschek,Elsa und Emma;
Vornamen mit 'Z':
Jakob Katz (12.05.1875-20.02.1954)
Jakob Katz wurde am 12. Mai 1875 noch in Odessa geboren, wo über ein
Drittel der Bevölkerung Juden waren. Seine Eltern verließen die Stadt in
Richtung Westeuropa und wohnten seit 1876 in Württemberg. Er starb am
20. Februar 1954, im Alter von 78 Jahren, in New York. Jakob und Johanna
heirateten am 27. Dezember 1902 in der Synagoge von Mühringen. Alice
kam am 7. September 1903 auf die Welt, am 27. November 1906 ihr Bruder
Willy. Beide wurden in Rottenburg am Neckar geboren, sind dort aufgewachsen
und gingen dort auch auf die Schule. 1919 folgte der Umzug nach
Villingen, wo die Familie in der Luisenstraße 9 wohnte. 1921 zogen sie dann
von Villingen nach Schwenningen, weil Jakob Katz dort Gesellschafter bei
der Firma Oskar Müller wurde.
1921 trat Jakob Katz bei der Firma Oskar Müller in Schwenningen als
Gesellschafter ein. Die Firma, 1904 von Oskar Müller gegründet, stellte ursprünglich
Batterien für kleinere und mittlere Geräte her. Anfang 1920 holte
Oskar Müller seinen Bruder Hugo Müller und etwas später auch Jakob Katz
in den Betrieb. Unter seiner maßgeblichen Mitwirkung als kaufmännischer
Direktor und Vorstandsmitglied wurde der Betrieb erfolgreich in eine Aktiengesellschaft
umgewandelt. Die Firma hieß von nun an Oskar Müller & Cie.
AG. Oskar Müller, Hugo Müller und Jakob Katz waren die Hauptaktionäre.
Letzterer war auch bei der Arbeiterschaft sehr beliebt: Die Firma zahlte zum
Beispiel als einer der ersten Betriebe in Schwenningen seinen Mitarbeitern
Weihnachtsgeld.
Die Produktpalette der Firma wurde durch die Herstellung von Zubehörteilen
für Großuhren erweitert, die Batterieproduktion nach Augsburg ausgelagert,
weshalb die Familie von 1927 bis Anfang 1934 in der Fuggerstadt lebte.
Zurückgekehrt nach Schwenningen bezog die Familie ein Haus in der Mutzenbühlstraße
26. 1937 trat Jakob Katz von der Geschäftsleitung zurück und
verkaufte seine Geschäftsanteile, um die Firma zu schützen. Grund war der
zunehmende persönliche und politische Druck durch die Nationalsozialisten.
Der Gedanke, die Firma zu schützen, war insofern nachvollziehbar, denn als
ein zum Teil „nichtarischer“ Betrieb wäre das Unternehmen bei der Auftragserteilung
benachteiligt worden.
Die Verfolgungsmaßnahmen der Nationalsozialisten wurden immer drastischer.
Nach dem Novemberpogrom 1938 forderte das Finanzamt Rottweil
von Jakob und Johanna Katz eine „Judenvermögensabgabe“ von 15.800
Reichsmark beziehungsweise 1.000 Reichsmark für die Ehefrau mit der
Anmerkung, dass diese in vier Raten zahlbar sei. Später wurde noch eine
fünfte Rate gefordert, die 25 % des angesetzten Vermögens entsprechen
sollte. Jakob Katz bemühte sich um den Erlass der fünften Rate. Dafür nahm
er sich Hilfe von Erich Dessauer aus Stuttgart. Jüdische Anwälte waren vom
NS-Regime zu „Konsulenten“ herabgesetzt worden, außerdem durften sie
nur noch für Juden arbeiten und diese durften nur noch die „Konsulenten“ für
Rechtshilfe in Anspruch nehmen. Der Antrag auf Erlass wurde abgelehnt.
Im November 1939 wurde Jakob Katz für fünf Tage im Schwenninger Gefängnis
in „Schutzhaft“ genommen. In der Regel war die Entlassung aus der
Haft an die Zustimmung zur Auswanderung gebunden, was Jakob Katz dann
auch in Angriff nahm. Allerdings wäre ohne die Bezahlung der fünften Rate der „Judenvermögensabgabe“ dem Ehepaar nicht gestattet worden auszuwandern, somit zahlte er diese im April 1940.
Er beauftragte die Speditionsfirma Barr, Moehring & Co., Stuttgart mit der
Verpackung und Beförderung des Umzugsgutes. Am 12. Mai 1940 verließ
das Ehepaar Katz endgültig die Stadt Schwenningen. Da Deutschland seit
September 1939 im Kriegszustand mit den benachbarten Staaten war,
legten kaum mehr ausländische Schiffe in Deutschlands Häfen an und die
Durchreise durch Nachbarländer war dementsprechend problematisch.
Jakob Katz hatte jedoch einen türkischen Pass, ausgestellt vom türkischen
Konsulat in Berlin, was wohl durch seine Herkunft aus Odessa möglich war.
Dies half ihm, obwohl er seit 1938 als staatenlos galt. Das Ehepaar reiste
über die Schweiz in die italienische Hafenstadt Genua.
Ihr Sohn Willy Katz bezahlte 480 Dollar für die Überfahrt der Eltern bei der
Schifffahrtsgesellschaft „United States Lines in New York City“. Dem Ehepaar
war es nicht möglich, das Frachtgut anzufordern: Die Speditionsfirma
gab am 25. November 1952 beim Wiedergutmachungsgericht an, dass es
strenge Bestimmungen über jüdisches Eigentum gab, die die Verschiffung
unmöglich machten. Außerdem seien die Sachen in der Nacht vom 21./22.
Februar 1944 mit dem gesamten Lagerhaus durch einen Bombenschaden
vernichtet worden. Immerhin musste die Speditionsfirma nach 1945 die
Frachtkosten, die im Voraus bezahlt worden waren, zurückerstatten.
Oskar und Hugo Müller übertrugen nach dem Krieg Jakob Katz seinen Aktienanteil
wieder zurück und zahlten sein Gehalt nach. Allerdings verweigerte
daraufhin die Bundesrepublik Deutschland eine finanzielle Wiedergutmachung.
Das Ehepaar Katz kehrte nicht mehr nach Deutschland zurück.
Jakob Katz äußerte den Wunsch, seine Freunde in Deutschland nochmal
sehen zu können. Doch bevor sein Wunsch in Erfüllung gehen konnte, starb
er am 20. Februar 1954 in New York. Die Mutter Johanna Katz starb acht
Jahre später, 1962, ebenfalls in New York.