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Biographien

Villinger und Schwenninger Schicksale

Viele der bisher in den Mahnwachen verlesenen Schicksale von Opfern des Nationalsozialismus in Villingen und Schwenningen sind hier, oder über die linke Seitenleiste auswählbar.

Alphabetisch geordnet






Hugo Schwarz (?-?)

Hugo Schwarz, der vom Vater Louis Schwarz den Viehhandel in der Gerberstr. 33 übernimmt, ist Teil der Villinger Geschichte: Sein hohes Engagement geht weiter über den für wirtschaftliche Interessenverbände hinaus. So ist er beim FC 08 zunächst aktiv als Stürmer, dann als Funktionär tätig. Bald zweiter Vorsitzender übernimmt er von 1916 – 1918 dessen Leitung. Lokalen Traditionen ist er zugetan: Nicht nur im Häs – er organisiert Weihnachtsfeiern und Fasnetveranstaltungen, ist Sponsor und Narro der Zunft.

1914 meldet er sich wie sein Bruder Jakob freiwillig zum Militär und zieht in den Krieg. Im November 1914 wird er schwer verletzt, zwei Schüsse in den Kopf überlebt er; der zerstörte Unterkiefer wird geflickt; Hugo kehrt als Kriegsschwerbeschädigter nach Villingen zurück.

Am 8.11.1926 heiratet er in Stuttgart Irma, geb. Oberndörfer. Aus der glücklichen Ehe gehen drei Kinder hervor. Margarete, geb. 14.4.1928, Heinz Julius, geb. 31.8.1929 und Manfred, geb. 13.6.1931, alle in Villingen. Hoffnungsvoll schaut die Familie in die Zukunft, unterscheidet sie doch nichts im Verhalten von ihren Mitbürgern in der Heimatstadt; wie selbstverständlich sind sie in die Stadtgemeinde integriert – mit einem kleinen Unterschied: Sie sind ‚Deutsche jüdischen Glaubens‘.

Die Geschichte in Deutschland nimmt eine furchtbare Wende. Erste Ausschreitungen erlebt noch der hochbetagte Louis Schwarz in der Fasnet 1933, dann das Verbot des Jiddischen als Marktsprache in Baden, schließlich den Aprilboykott. Louis stirbt 1934 und wird in Rexingen begraben.

Der Viehhandel wird schlechter, im April 1936 muss Hugo das Geschäft ganz aufgeben, sieht sich bald zum Verkauf von Grundstücken und Gebäuden gezwungen. Wovon sollen sie auch leben?

Dann der 9. November 1938 – ‚Kristallnacht‘ auch in Villingen. Das NS-Regime und mit ihm Teile der Bevölkerung zeigen ihr wahres Gesicht: Der jüdische Betsaal im Haus der Familie Schwarz wird, wie Teile der Wohnung zerstört, Tora und Bücher landen auf der Straße und werden angezündet. Brutal wird Hugo behandelt, dann mit Robert Gidon und Jakob Schwab in ‚Schutzhaft‘ genommen. Verbände der HJ ziehen mit Fahnen und Transparenten durch die Hauptstraßen. ‚Hinaus mit den Kriegshetzern‘ und ‚Die Juden sind unser Unglück‘ nebst Judenkarikaturen ist zu sehen. Besonders laut wird die Demonstration vor dem Amtsgefängnis; die Presse höhnt.

Dann kommen die Häftlinge in das KZ Dachau. Hugo verbringt dort mehr als 10 Wochen, in denen er wiederholt gefoltert wird. Es wird ihm klargemacht: Verschwinde mit deiner Familie aus unserem Land!

Zurückgekehrt erlösen sie aus dem Verkauf ihres Anwesens nur so viel Geld, um die drei Kinder Ende Februar 1939 in die rettende Schweiz zu bringen. Heinz zu einer entfernt verwandten Familie in Olten; Margarete und Manfred in ein Kinderheim. Die Drei werden nach Kriegsende von dort nach Israel auswandern.

Hugo und Irma, zusammen mit Bertha und Julie, müssen bleiben. Bemühungen um Auswanderung schlagen fehl. Den Ausgeplünderten fehlt es an Geld. Am 22. 10. 1940 werden sie mit 7 anderen Villingern ins südfranzösische Lager Gurs deportiert: Baden soll als erster Gau ‚judenfrei‘ werden.

Hugo und Irma haben ohne Geld keine Chance, dazu fehlen ihnen Papiere, sind sie doch staatenlos. Im August 1942 geht es über Drancy auf ihre letzte Reise. Convoy Nr. 17 endet in Auschwitz, dem Ort, an dem sie ermordet werden.