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Biographien

Villinger und Schwenninger Schicksale

Viele der bisher in den Mahnwachen verlesenen Schicksale von Opfern des Nationalsozialismus in Villingen und Schwenningen sind hier, oder über die linke Seitenleiste auswählbar.

Alphabetisch geordnet






Johanna Bikart (16.05.1921-09.11.2009)

Max und Martha Bikart hatten zwei Töchter; Johanna, die ältere, ist am 16. Mai 1921 in Schwenningen geboren.

Johanna ging in Schwenningen in die Mittelschule. Nach Beendigung der Schule war sie ein Jahr in einem jüdischen Internat in Nähe von Fiesole bei Florenz/Italien (die Kinder waren vor allem aus Berlin, Hamburg); Direktor dieser Schule war Dr. Kempter, der später im Nürnberger Prozess tätig war – er warnte viele Eltern, dass sie ihre Kinder nicht aus der Schule zurück nach Deutschland nehmen sollten.

1997 sagte sie in einem Interview mit der Shoa Foundation for Visual History and Education auf die Frage: Mit wem hatten Sie Verbindungen /in der Jugendzeit in Schwenningen/?

J.S.: Nur mit christlichen Freunden … Wir wussten nicht, was Antisemitismus war und sie wussten nicht, was Jude bedeutet – damals –

Frage: Fühlten Sie sich als Juden in der damaligen Zeit?

J.S.: Nein, ehrlich gesagt nicht – nur an Festtagen. Dann fuhren wir nach Villingen zu meinem Großvater. Er traf die entsprechenden Vorbereitungen, es war ein sehr schönes Fest.

Frage: Sabbat haben Sie zum Beispiel eingehalten?

J.S.: Nein, nein auch nicht. Was meine Eltern machten, war, einen Lehrer kommen zu lassen, um etwas von der jüdischen Geschichte zu lehren. Das war das einzige. Dieser Lehrer kam jede zweite oder dritte Woche und erklärte uns ein wenig.

Frage: Wer waren die Freunde Ihrer Eltern?

J.S.: Die gleichen wie unsere. Christen – alle. Mit diesen Freunden haben wir die Ausflüge gemacht, all das.

1937 ist die Familie nach Argentinien emigriert. Johanna hatte in Europa etwas Spanisch gelernt und wurde als Sekretärin beschäftigt.

Ihren Mann Enrique Scheurenberg lernte sie im Collegium Musico kennen (er Bass, sie Sopran); sie waren 17 Jahre verheiratet. Nach dem Tod ihres Ehemanns zog sie in das Haus ihrer Eltern und ihrer Schwester.

Johanna Scheurenberg hatte eine große Leidenschaft für die Musik, besuchte viele Konzerte, liebte auch Wagner Musik. Ihr Hobby war das Rudern. Als sie später fast nicht mehr laufen konnte, ging sie dann noch weiter rudern und war immer die Letzte, die ganz spät abends mit dem Boot zurückkam und der Ruderverein konnte ihretwegen keinen Feierabend machen.

Johanna und Enrique hatten einen Sohn: Carlos; er hat in einem Orchester Bratsche gespielt und ergriff den Beruf des Geigenbauers.

Johanna ist am 9. November 2009 in Buenos Aires verstorben.